Kerstin Schütze

Mit Fotos Geschichten erzählen

Eine lebendig erzählte Geschichte erregt Aufmerksamkeit und länger und nachhaltiger im Kopf der Menschen, während nüchterne Sachinformationen meist schwieriger im Gedächtnis bleiben.

Fotografisches Storytelling

In der Fotografie erzählt sich eine Geschichte am einfachsten anhand einer Bildserie. Schon aus nur zwei Bildern konstruiert unser Gehirn eine Geschichte, und je mehr Bilder dazu kommen, desto ausgefeilter oder genauer oder länger wird die Geschichte erzählt. In unserem Kurs über serielle Darstellung geht es genau um diesen Aspekt des fotografischen Storytellings.

Das Thema Storytelling begleitet einen aber auch, wenn man sich dazu entschließt, ein Fotobuch zu gestalten: Was möchte ich erzählen, und wem möchte ich es erzählen? Ein runder Geburtstag oder eine Hochzeit haben eine andere Geschichte als die Erlebnisse der letzten Reise. Generell leben Fotobücher von Bildern, die sowohl das große Ganze betrachten, als auch den Blick auf die kleinen Dinge richten und Details und Besonderheiten festhalten.

„Ein Bild sagt mehr als tausend Worte“

Doch wie erzählt man eine kleine Geschichte in nur einem Bild? Hier ist Geduld gefragt und die sorgfältige Beobachtung seiner Umwelt. Man muss die Story erkennen, wenn sie sich vor der Kamera ereignet. Oder man plant sie und setzt sie entsprechend in Szene.

Stilistisch gibt es ein paar Dinge, die eine Geschichte eindeutiger erzählen:

Stelle das Objekt der Begierde frei.

Meist ist zu viel auf den Bildern zu sehen. Der Hintergrund ist zu voll und zu unruhig. Das Hauptmotiv kann man sehr gut freistellen, indem man näher herangeht oder es heranzoomt. Eine offene Blende sorgt für ein schön weiches Bokeh und stellt das Hauptmotiv besonders in den Mittelpunkt. Die Hintergrundunschärfe lässt sich in der Bildbearbeitung recht einfach noch ein wenig verstärken, wenn der Hintergrund a) nicht vollkommen scharf war und b) die Unschärfe nicht zu stark modifiziert wird. Dann lassen sich die neuen Unschärfewerte ganz unkompliziert um das Motiv herum ins Foto malen (mit einem weichen Pinsel) oder aber elegant ausmaskieren.

Idealerweise hat man aber sein Motiv bereits so arrangiert bzw. nimmt selbst eine entsprechende Position ein, dass man eine schöne Perspektive findet, die dem Hauptdarsteller seiner Geschichte die angemessene Bühne gibt.

Achte bei Portraits darauf, ein stiller Beobachter zu sein.

Das geht am besten, wenn man sich im Hintergrund hält und auf natürliche Mimik und Interaktionen beobachtet. Dies gilt vor allem in der Street Fotografie oder beispielsweise auf Märkten. Hier gilt es echte Emotionen und natürliche Situationen festzuhalten.

Die Blickrichtung ist entscheidend, sagt sie doch eine Menge über das Geschehen aus und offenbart Emotionen und Gefühle. So knüpfen Blicke, die direkt in die Kamera gerichtet sind, einen unvermeidlichen Kontakt zum Betrachter. Blicke nach oben oder nach unten drücken eine Vielzahl an Emotionen oder Absichten aus, so beispielsweise Scham, Konzentration oder Träumerei.

Blicke zwischen Personen spiegeln ein Beziehungsverhältnis wider, aber auch die Abwesenheit des Blickkontaktes trifft eine eigene Aussage.

Achte auf die Lichtstimmung und das Wetter.

Gute Fotos lassen sich bei jedem Wetter machen, daher sollte man vor allem auch bei Regen und Schnee vor die Tür mit der Kamera gehen, wenn die Schönwetterfotografen sich die Motive entgehen lassen. Wenn man sich Zeit nimm, dann kannst man tolle Bilder machen, auf denen zu sehen ist, wie die Menschen sich beeilen und versuchen dem Wetter zu entfliehen. Vielleicht findet man auch Personen, die genau dieses Wetter genießen und entspannt und glücklich durch den Regen spazieren.

Bei Nebel wirkt alles sehr schnell geheimnisvoll, mystisch und gleichzeitig wirkt der Nebel sehr weichzeichnend mit weichen Konturen und gedämpften Farben. Harter greller Sonnenschein hingegen ist schatten- und kontrastreich – auch hier lassen sich hervorragende Bilder machen. Und zwar entgegen der landläufigen Meinungen, zwischen zwölf und drei habe der Fotograf frei. So lassen sich Schattenspiele und Lichtstrahlen in Kirchen und staubigen Gebäuden sehr gut festhalten. Auch Straßenszenen und Gebäude wirken mit harten Kontrasten und Schatten ganz anders. Mit starkem Gegenlicht kannst man auch mit Silhouetten arbeiten und damit Geschichten erzählen.

Nutze ungewöhnliche Perspektiven

Erzähle Deine Geschichte aus einer anderen Sicht. Man kann zum Beispiel die Sicht eines Kindes oder eines Hundes einnehmen, in die Hocke gehen oder die Kamera auf den Boden legen und nach oben blicken. Es wird automatisch eine andere Geschichte erzählt, und meist tritt auch mehr Spannung ein. Durch eine andere und ungewohnte Perspektive beschäftigt sich der Betrachter länger mit dem Bild.

Neben diesen einfachen Stilmitteln kommt es noch auf den Inhalt des Bildes an, auf die Geschichte, die im Kopf des Betrachters erzählt wird. Auch hierzu gibt es verschiedene Möglichkeiten, diese im Kopf des Betrachters in Gang zu bringen.

Jede Person hat irgendwann einen Konflikt, den es zu lösen gilt.

Konflikte können unterschiedlicher Natur sein, sie können auf einer Beziehungsebene stattfinden (Machtkonflikte, Identitätskonflikte), oder es können materielle Konflikte sein. In der Literatur, in Theaterstücken, Opern und Filmen hat die Hauptperson immer einen Konflikt zu lösen. Dieser Konflikt macht die Geschichte erst interessant und den Lösungsweg fesselnd.

Die Höhepunkte der Geschichte sind zwei essentielle Momente: Zum einem das Auftauchen des Problems, die Wahrnehmung, dass ein Konflikt aufgetreten ist und zum anderen die Lösung des Problems. Diese Höhepunkte lassen sich hervorragend im Bild festhalten. Es sind diese Momente, in denen die Geschichte eine Wendung erfährt, und diese Momente können festgehalten werden. Gut inszeniert, setzt diese Aufnahme das Kopfkino beim Betrachter in Gang. Man sollte sich allerdings bewusstmachen, dass die nun folgende Interpretation des Betrachters nicht unbedingt die Geschichte ist, die man selber erzählen wollte. Aber gute und interessante Bilder lösen idealerweise unterschiedliche Reaktionen und Emotionen aus.

Serie oder Einzelbild?

Neben der seriellen Darstellung einer Geschichte in mehreren Bildern, kann man versuchen die Geschichte mit Hilfe einer Überlagerung in einem Bild zu zeigen. Hier bedient man sich dann der zeitlich aufeinander folgenden Aktionen. Das wohl bekannteste Bild hierfür ist die Evolution des aufrechten Ganges des Menschen. Man kann allerdings auch den Verfall einer Blume in einem Bild darstellen.

Eine Inszenierung nimmt deutlich mehr Zeit in Anspruch, als unterwegs den richtigen Moment fotografisch einzufangen. Dessen muss man sich bewusst sein – auch wenn das Ergebnis dafür spricht.

In unserem Workshop “fotografisches Storytelling” verrät Karsten Enderlein, was ein Bild braucht, um eine Geschichte zu erzählen, und wie man selbst zum Regisseur seiner Bildgeschichten wird.

© Kerstin Schütze

Ein Tag am Strand

Sommer, Sonne, Strand und Meer: Der Urlaub ruft, und oft geht es im Sommer an den Strand. Egal ob im Süden oder in den Norden, am Meer können wir abschalten, die Seele hat ihren Freiraum und die Sehnsucht darf sich austoben. Um die Stimmungen am Strand einfangen zu können, nehmen wir gerne die Kamera mit und geben unser Bestes, um diese Momente auf die Speicherkarte zu bannen.

So sehr wir Sand und Meer lieben: Unsere Kamera steht nicht besonders auf Strand und Meer, daher einige Tipps für ein langes Leben der Kamera und der Objektive.

  1. Halte Sand und Salzwasser von der Kamera fern. Das gelingt am besten, wenn die Kamera und vor allem auch die Kameratasche erst gar nicht in die Nähe des Sands kommen. Mach Dir vorab Gedanken, welche Kameratasche Du mitnimmst, und ob Du wirklich alle Objektive für den Ausflug benötigst. Objektivwechsel am Strand sind immer kritisch, vor allem jedoch wenn es windig ist, daher kann es sinnvoll sein, besser ein lichtstarkes Zoomobjektiv mitzunehmen. Wenn Du trotzdem das Objektiv wechseln musst, dann dreh Dich mit dem Rücken zum Wind und halte die Kamera senkrecht nach unten. Sei vor allem schnell und achte darauf, dass keine Teile in den Sand fallen, auch keine Objektivdeckel. Diesen solltest Du am Strand immer dabeihaben und nutzen.
  2. Am Strand werden Sand und Salzwasser leicht aufgewirbelt, zumal es am Strand meist sehr windig ist. Dadurch kann eine Kameraausrüstung mit Salz in Berührung kommen, obwohl sie gar nicht im Wasser war. Reinige Deine Kamera nach jedem Strandtag sorgfältigmit einem weichen, fusselfreiem Tuch – Mikrofaser- oder Bambustücher eignen sich besonders gut dazu. Solltest Du feststellen, dass Sand ins Gehäuse geraten ist, lass die Kamera von einem professionellen Service durchchecken.
  3. Wenn Du nahe ans Wasser gehst, reicht eine Welle, um Deine Kameraausrüstung dauerhaft zu schädigen. Besser ist es, gleich entsprechend vorbereitet loszugehen und beispielsweise eine wasserdichte Kompaktkamera als Zweitkamera dabei zu haben. Eine andere Möglichkeit ist ein passendes Unterwassergehäuse. In beiden Fällen kannst Du gefahrlos fotografieren. Eine Kamera, die gegen Spritzwasser geschützt ist, ist nicht für einen Ausflug ins Meer geeignet!
  4. Wenn Du tagsüber am Strand bist, nimm einen Polarisationsfilter mit. Der hilft nicht nur, klarere und farbintensivere Bilder zu erhalten, er schützt auch das Objektiv.
  5. Im Urlaub kann man auch mal zu ungewöhnlichen Tageszeiten an den Strand gehen. Frühmorgens oder nachts sind weniger Menschen am Strand und das Licht eignet sich besonders für Langzeitaufnahmen. Nimm dazu ein stabiles Stativ mit. Manche Stative sind salzwasserbeständig, meist jene aus Carbon. Achte auf die Hinweise des Herstellers, bevor Du Dein teures Stativ in die Brandung stellst. Auch das Stativ freut sich nach dem Strandtag über eine gründliche Reinigung mit Süßwasser.
  6. Um zu verhindern, dass das Stativ langsam im Sand (oder einem anderen weichen Untergrund) einsackt, gibt es einige professionelle Hilfsmittel zu kaufen. Man kann sich die Sache aber auch im DIY-Verfahren einfach machen. Wenn Du noch ein paar alte CDs herumliegen hast, nimm diese mit. Mit dem Spike im Loch der CD hast Du einen simplen und effektiven Schuh für das Stativbein. Wenn Du zwei CDs miteinander verklebst, wird das Ganze noch etwas stabiler.

© Kerstin Schütze

Appetizer

Auf Reisen muss man gut kalkulieren, nicht nur beim Budget, sondern auch bei der Zeitplanung. Fotografierende können ein Lied davon singen, dass das beste Licht dann zu finden ist, wenn die Begleitung zu Abend essen will – oder vor dem Aufstehen. Um alles unter einen Hut zu bringen, ist Planung angesagt. Dazu gibt es einige nützliche Helfer:

Es gibt eine Reihe von (kostenfreien) Apps, die den Sonnenaufgang und -untergang an beliebigen Orten anzeigen, dazu natürlich die Zeiten für die goldenen und blauen Stunden. Dazu zählen beispielsweise “Suncalc.net”,  “suncalc.org”, “Exsate Golden Hour” oder “Dusk and Dawn”.

Kostenpflichtig sind beispielsweise “Photopills” oder “TPE (The Photographer’s Ephemeris)”, die jeweils um die 10,– Euro kosten und ein deutlich größeres Leistungsspektrum  wie Sonnenstände etc. aufweisen. Beide sind für eher ambitioniertere Fotograf/innen gedacht. Wer über einen guten Internetzugang verfügt, kann TPE im Netz auch kostenlos nutzen: https://www.photoephemeris.com. Auch Google Maps und Google Earth bieten einige Features dieser Art.

Wenn man also weiß, wann man am besten fotografiert, sollten es natürlich auch die besonderen Orte sein, an denen man sein Stativ aufbaut. Auch hier gibt es nützliche Tools wie “Fripito”, die die heißesten Orte anzeigen, und zwar speziell für Fotografierende. Fripito bietet (noch) wenige Orte in Deutschland. Einzelne Locations müssen außerdem bezahlt werden, ehe man sie ansehen kann.

Locationscout (https://www.locationscout.net/home) ist nur im Netz verfügbar, setzt eine kostenlose Anmeldung voraus und ist vollständig in englischer Sprache. Dafür sieht man mitunter großartige Bilder, nach denen man sich strecken kann, und bekommt auch fotografische Hinweise mit kleiner Beschreibung und genauer Markierung auf der Landkarte – inklusive Sonnenauf- und untergang.

Empfehlenswert sind auch gute Wetter-Apps, die (wie RainToday) beispielsweise für die nächsten 45 Minuten Regenbeginn und Regenende anzeigen und (mit Ausnahmen) erstaunlich präzise sind. Es kann sich lohnen, seine Technik rechtzeitig ein- und wieder auszupacken …

© Antje Terhaag

Ich packe meinen Koffer

Fotograf/innen sehen nicht nur anders, sie packen auch anders: Neben Kleidung für jede Wetterlage (und jeden Untergrund) sind das natürlich Kamera(s), Akkus, Speicherkarten, Akkuladegerät, Stativ, eventuell Filter, Objektive, von denen meistens nur eins genutzt wird … denn alles will ja auch getragen werden.

Recherchiert vor der Reise, spätestens am Vorabend vor Ort, wo interessante Hotspots sind und wo man am nächsten Tag hin will.

Anregungen bietet die Recherche im Internet, insbesondere die Bildersuche bei Google, 500px oder der Fotocommunity. Die entsprechenden Gruppen bei Facebook können ebenfalls viele interessante Informationen liefern. Mit einer Wetter-App kann man abends sehen, ob sich ein Frühaufstehen lohnt oder nicht. Der Blick aufs Smartphone erspart manchmal das Weckerklingeln um 4 Uhr.

Vor der Reise empfiehlt es sich, für das jeweilige Reiseziel wichtige Apps herunterzuladen. Falls es Probleme mit dem mobilen Netz geben sollte, gibt es offline-Karten. Zudem hilft immer eine App für das örtliche Bus-, Straßen- oder U-Bahnnetz inklusive Fahrtzeiten.

Zusätzlich sollte man sich schlau machen, ob man an bestimmten Orten eine Fotografier-Erlaubnis braucht und wie man sie bekommt. Zumeist ist sie notwendig in Bahnhöfen, Museen oder botanischen oder zoologischen Gärten, und sie wird nicht immer kurzfristig ausgestellt. Also rechtzeitig recherchieren und beantragen. Informationen gibt es auf den jeweiligen Webseiten entweder über die Suchfunktion, die Hinweise für Besucher oder im Pressebereich. Wenn das Fotografieren erlaubt ist, kann die Nutzung der entstehenden Bilder aber eingeschränkt sein, es lohnt sich also die Frage, ob und wo die Fotos veröffentlicht werden dürfen, oder ob sie nur für den privaten Gebrauch im heimischen Wohnzimmer bestimmt sind.