Als wir neulich unseren Kurs “Nacht- und Feuerwerkfotografie auf der Kirmes” bei Facebook beworben haben, fand sich folgender Kommentar unter der Veranstaltung: “Lesen ist billiger” und dahinter ein Link zu einer recht präzisen Beschreibung der notwendigen Einstellungen, wenn man ein Feuerwerk fotografieren will, wenngleich mit wenig imponierenden Beispielbildern.
Auch wenn ich den persönlichen Nutzen einer fremden Person (es handelte sich nicht um einen Kunden), solch einen Kommentar abzugeben, nicht nachvollziehen kann, so ist die Aussage selbst natürlich korrekt: Lesen ist billiger. Selbst im Verhältnis zu einem Schnapper wie dem Feuerwerk-Workshop für 29,– Euro. Aber wie steht es denn mit den Resultaten?
Was die Feuerwerkfotografie betrifft: Als geübter Fotografierender kann man die Schritte leicht nachvollziehen, wenn man sie sich anliest. Und wenn man es einmal gemacht hat, kann man es sich auch ganz gut merken – man vergisst vielleicht, den Stabilisator abzuschalten oder umgekehrt, ihn anschließend wieder zu aktivieren, aber das Motiv selbst kriegt man in den Griff. Ich habe vor längerer Zeit einen Workshop zu dem Thema besucht und habe es genossen, mit einer Runde Gleichgesinnter an einem netten Ort zu stehen und alle paar Minuten die Displays der anderen zu beäugen. Es war ein Sommerabend, der bis weit nach Mitternacht nicht mehr als ein T-Shirt verlangte, und wir hatten einen Referenten, der grundsympathisch war und auf jede Frage eine fundierte Antwort wusste. Aber eine schriftliche Checkliste hätte mir zumindest technisch gesehen gereicht.
Ganz anders beim ersten Photoshop-Kurs. Ich hatte mich ein wenig in die Software eingefrickelt, nun sollten neue Tiefen erobert werden. In diesem Stadium war der Kurs unverzichtbar. Manche Dinge hat das Programm nämlich einfach nicht gemacht, obwohl es bei anderen funktionierte. Und ja, es war die richtige Ebene ausgewählt, aber eben falsch eingestellt, von welchen Ebenen Daten aufgenommen werden sollten. Das hätte ich ohne einen Trainer damals nicht herausgefunden.
Wann also lohnt sich die Investition in einen Workshop oder Kurs, wann kann man sich etwas anlesen und wann ist ein Video sinnvoll?
Video
Mit einem kostenlosen Text oder Video-Tutorial im Internet macht man erst einmal nichts falsch. Im schlimmsten Fall hat man Zeit verschwendet, im besten hat man alles erfahren, was man wissen wollte – plus Zugabe. Ich nutze solche Tutorials auf Youtube ganz gerne, wenn es um verrücktes Zeug geht wie beispielsweise das Generieren von Lichtstrahlen in Photoshop. Das ist eine völlig krude Aneinanderreihung von Schritten, bei denen man am Anfang nicht für möglich hält, dass tatsächlich ein beeindruckendes Ergebnis am Ende steht. Solche Anweisungen will ich dann auch nicht lesen, weil ich sehen möchte, was jeweils auf dem Bildschirm passiert. Und weil das Vertexten solcher Abläufe vermutlich in den Wald führen würde. Allerdings muss man schon ein ordentliches Grundverständnis haben – denn wenn man festhängt, kann man das Video nicht fragen, wie man weitermachen muss. Wenn man Glück hat, kann man die Frage als Kommentar stellen, aber das ist vom Aufwand her nicht zu vergleichen mit einem schnellen: “Kannst Du mal in meinen Rechner gucken, warum das bei mir nicht funktioniert?”. Dafür kann man so ein Video auch mal eben mitten in der Nacht ansehen, weil man gerade an einem Bild sitzt und genau in diesem Moment eine Idee umsetzen will.
Im Gegenzug zu solchen Perlen sieht man dann aber auch eine entsprechende Menge von Videos, bei denen man nur auf gutes Click-Baiting hereingefallen ist. Oder auf den Trend, jeden Text, der in 20 Sekunden zu lesen wäre, in ein 15-Minuten-Video zu packen, weil man dort der Werbung nicht entkommt.
Bei kostenpflichtigen Online-Kursen ist man preislich ganz schnell auf dem Niveau eines Workshops mit persönlicher Präsenz. Dafür kann man zumeist ein paar kostenfreie Ausschnitte sehen, um sich eine Meinung zu bilden, oder man erlebt große Stars, die man nur für solch ein Projekt einmal bekommt. Vieles erhält man nur im Rahmen eines Abonnements mit einer bestimmten Laufzeit und freiem Zugang zu allen Inhalten. Das habe ich schon in Anspruch genommen – und zumindest bei mir setzte schnell das Fitnessstudio-Mysterium ein: Nach einer intensiven Nutzung im ersten Monat …
Buch
Bücher sind wieder etwas anderes. Ich lese sie zu Themen, für die keine Kurse angeboten werden, um mich inspirieren zu lassen. Hier kann ich das Tempo selbst bestimmen, kann das Buch wieder aus der Hand legen, querlesen, einen bestimmten Abschnitt suchen und gezielt lesen. Während ich Video-Tutorials für technische Themen schätze, ziehe ich Bücher bei Kreativthemen vor. Aber natürlich gibt es auch Technikbücher, die ich als Nachschlagewerke verwende.
Gute Bücher mit erlesenen Bildern sind aber auch kein Schnäppchen – und sie beantworten keine Fragen, geben kein Feedback.
Workshop
Kommen wir also zurück auf die Kurse, bei denen Menschen gemeinsam ein Thema erobern. Hier gibt es gute und schlechte – wie bei Texten oder Videos auch. Die guten Veranstaltungen zeichnen sich durch Lehrer aus, die absolut sattelfest in ihrer Materie sind, Freude am Unterrichten haben und mit einer Gruppe umgehen können. Und natürlich die richtigen Inhalte gewählt haben. Manchmal muss man auch Glück mit den Teilnehmern haben – es gibt Gruppen, die harmonieren, und es gibt Gruppen, die heterogener sind, als man sich das wünschen würde. Wenn man aber mal unterstellt, dass der Trainer ein guter ist und die Inhalte dem entsprechen, was zuvor ausgelobt wurde, dann würde ich einen Kurs immer als lohnend empfinden.Er kann sich inhaltlich immer wieder auf neue Situationen und Fragestellungen einstellen – wie ein Buch, das sich erst im Moment des Lesens schreibt. Man kann Fragen stellen und sich erst dann zufriedengeben, wenn man die passende Antwort hat. Man kann sich Rückmeldung und Bestätigung holen – wenn man dafür offen ist und die Kursleitung weiß, wie man gutes Feedback gibt – und daraus Motivation und neue Impulse beziehen. Man kann (weitgehend) sein eigenes Tempo vorlegen. Man lernt Menschen mit gleichgelagerten Interessen kennen und kann unter ihnen Freunde finden. FotografInnen begutachten gerne fremdes Equipment und holen sich Erfahrungswerte.
Zumeist bekommt man in Kursen Tricks verraten, die man sonst nicht findet. Zum Beispiel die Sache mit dem Knicklicht, die in unserem besagten Kurs zur Nacht- und Feuerwerkfotografie erläutert wird. Nein, es hat nichts mit Lightpainting zu tun. Und es lässt sich hier nicht nachlesen …
Fazit
Alle Arten, sich fotografisch weiterzuentwickeln, haben ihre Berechtigung und je nach Thema, Vorwissen und Persönlichkeit ihre Vorzüge. “Lesen ist billiger” trifft dabei nicht immer zu. Wie auch immer die eigene Entscheidung ausfällt, schließe ich mich der Meinung an, dass man für herausragende Fotos das meiste Geld in Erlebnisse (wie Reisen) investieren sollte, dann in Weiterbildung und erst zuletzt in Gerätschaften.